Juist ist eine deutsche Insel in der südlichen Nordsee. Sie gehört zur ostfriesischen Inselkette und ist Ostfriesland vorgelagert. Die Insel hat eine Länge von 17 Kilometer und ist damit die längste der Ostfriesischen Inseln. Die maximale Breite beträgt 900 Meter, die minimale 500 Meter. Juist ist 16,43 Quadratkilometer groß. Die geringste Entfernung zum Festland liegt bei rund 8 Kilometern. Im Westen von Juist befindet sich die Insel Borkum, im Südwesten die Vogelinsel Memmert und im Osten, getrennt durch die Schluchter, das Spaniergatt und das Norderneyer Seegatt, die Insel Norderney. Zwischen Borkum und Juist erstreckt sich zudem die Kachelotplate, die sich vom Hochsand zur Insel entwickelt, weiter östlich fließt die Osterems. Teile der Insel und das Wattenmeer um die Insel gehören zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Die Dünen der Insel erreichen rund 22 Meter Höhe ü. NN. Die höchste Düne trägt den Juister Wasserturm und hat eine Höhe von 22,1 Metern ü. NN.
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Geschichte
Die Insel entstand als Aufsandung auf Resten des nacheiszeitlichen Festlandes. Archäologische Funde lassen auf eine Besiedlung von Juist bereits vor 1400 in der ausgehenden Häuptlingszeit schließen. Darauf deutete der Fund eines Schweinekopfes 2002 in einem alten Brunnenloch am Strand, der auf etwa 1400 datiert wurde. Die erste urkundliche Erwähnung der Insel erfolgte 1398.Zu dieser Zeit gehörte Juist zum Herrschaftsgebiet der Häuptlingsfamilie tom Brok. Zuvor bezeichnete der Name Just eine Niederlassung auf der großen Insel Bant. Seit wann genau es die selbständige Insel Juist nach der Zerstückelung der Insel Bant gibt, ist nicht bekannt. Im 15. Jahrhundert kam die Insel unter den Einfluss der ostfriesischen Grafen und Fürsten vom Adelsgeschlecht Cirksena.
16./17. Jahrhundert
Laut einer Beschreibung des späteren ostfriesischen Kanzlers Henricus Ubbius von 1530 soll es 23 Häuser und eine wilde Pferderasse gegeben haben. Auch sei viel Acker- und Weideland vorhanden gewesen, das günstige Bedingungen für Landwirtschaft bot. Danach verschlechterten sich die Lebensverhältnisse allmählich. Schwere Zerstörungen richtete die Allerheiligenflut 1570 an. Auf einer Karte der Emsmündung von 1642 ist in der Mitte der Insel der hohe Turm der ersten Inselkirche als Seezeichen eingetragen. Die Petriflut von 1651 durchbrach die nördlichen Randdünen im Bereich der Kirche und des heutigen Hammersees und teilte die Insel in zwei annähernd gleichgroße Teile. Der Durchbruch erreichte im Laufe der Jahre eine Breite von rund zwei Kilometern. Die Petriflut beschädigte Häuser und unterspülte die Fundamente der Inselkirche, die daraufhin 1662 einstürzte. Etwa 700 Meter weiter südöstlich bauten die Juister ihre zweite Kirche. Bis 1687 drang das Meer immer weiter nach Süden vor, worauf die Juister ihre Häuser wieder verlegen mussten. Das Zerstörungswerk des Meeres verringerte die landwirtschaftliche Nutzfläche, und im 17. Jahrhundert konnten die Inselbewohner die Abgaben an den Grafen als Eigentümer kaum mehr aufbringen.
18. Jahrhundert
Die Fastnachtsflut von 1715 sorgte für weitere Zerstörungen des Dorfes und der zweiten Kirche. In der Folge entstanden auf der immer noch geteilten Insel zwei Dörfer: Billdorf im westlichen und Loogdorf im östlichen Teil von Juist. Beide erhielten ein eigenes bescheidenes Kirchengebäude. Zwei Jahre später zerstörte die Weihnachtsflut 1717 neun der 18 Häuser im Billdorf sowie die dortige Kirche. Der Rest wurde schwer beschädigt. 28 Menschen ertranken. Billdorf wurde anschließend nicht wieder aufgebaut. Die Überlebenden zogen in das Loogdorf. Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits vier Gotteshäuser errichtet und drei vernichtet worden. Der wirtschaftliche Wohlstand der Insulaner war mehr und mehr gesunken. Die Haupterwerbszweige Land- und Viehwirtschaft wurden dadurch eingeschränkt, dass fruchtbares Acker- und Wiesenland durch Hochwasser und Sandwehen verloren ging. Der Viehbestand musste immer mehr verringert werden. 1749 bewohnten 327 Einwohner, die sich auf 47 Häuser verteilten, die Insel. Die meisten Männer fuhren nun zur See und verdienten auf Handels- oder Walfangschiffen ihren Unterhalt. In den folgenden Jahren wanderte das Dorf weiter nach Osten, dadurch dass die Bewohner nach und nach ihre Häuser abbrachen und weiter östlich wieder aufbauten. Circa 1770 bis 1780 hatten die meisten Insulaner sich in dem neuen Hauptdorf angesiedelt. 1779 wurde im neuen Ostdorf die fünfte Kirche errichtet und zu Weihnachten von Pastor Gerhard Otto Christoph Janus (1741–1805) eingeweiht. 1783 empfahl Janus das Seebaden mit einer Eingabe an den Landesherrn Friedrich den Großen. Sie gilt heute als ältestes Dokument zur deutschen Seebädergeschichte und Pastor Janus als Vater des deutschen Seebädergedankens.
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19. Jahrhundert
Nach dem Frieden von Tilsit 1807 kam Ostfriesland und damit Juist zum französischen Königreich Holland. Am 10. November 1811 erhielt Juist holländische Besatzungstruppen unter Führung französischer Offiziere. Sie ließen die Kirche im Ostdorf von ihnen zur Festung ausbauen. Das Pfarrhaus diente als Unterkunft für die Soldaten. Zwei Jahre später brannte das Pfarrhaus infolge einer Unachtsamkeit der Soldaten aus. Erst 1816 endete die Besatzungszeit, die Truppen verließen die Insel. Juist gehörte fortan zum Königreich Hannover, ab 1866 zu Preußen.
1840 erfolgte die erste Gründung des Seebades Juist durch den Vogt Meine mit der Unterstützung des Amtsassessors Fastenau in Norden, das aber 1858 wegen Mangel an Gästen wieder geschlossen werden musste. Die zweite Gründung des Seebades 1866, diesmal erfolgreicher, da die Anzahl der Gäste nun langsam aber stetig zunahm. 1873 erließ das Seebad durch Freiherr von Niebelschütz die erste Badeordnung. Im gleichen Jahr entstand das erste Warmbadehaus auf der Insel. 1884 verzeichnete Juist 700 Badegäste pro Jahr.
Der „Verein zur Rettung Schiffbrüchiger in Ostfriesland“ errichtete 1861 die erste Seenotrettungsstation auf Juist. Zwei Jahre später ging der ostfriesische Verein und damit die Station in den Besitz der DGzRS über.
1882 kam Otto Leege (1862–1951) als Lehrer auf die Insel. Leege begann seine botanischen und ornithologischen Forschungsarbeiten, die ihn später als „Vater“ der Vogelinsel Memmertbekannt machten. 1888 war er zum ersten Mal auf Memmert. In dieser Zeit wurden dort Vogeljagden unternommen und Eiersammler plünderten jährlich fast alle Vogelgelege. Auf Initiative des „Deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“ erklärte der preußische Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in Berlin Memmert am 31. Juli 1907 per Erlass zur Vogelkolonie. Der Verein bestellte daraufhin Otto Leege vom Verein zum Bevollmächtigten.
1894 erhielt Juist seine erste Landungsbrücke. Der bereits seit 1888 zur Insel verkehrende Dampfer „Ostfriesland“ legte als erstes Schiff an dem 300 Meter langen Steg an. 1896 wurde die Landungsbrücke landseitig um 75 Meter verlängert. Am 19. Juni 1898 nahm die Inselbahn als Pferdebahn ihren Betrieb auf. Die Gesamtlänge betrug 2318 Meter, wobei 980 Meter Gleis über niedrige Holzstege durchs Watt führten. Die Anlage fiel aber noch im gleichen Jahr einem Unwetter zum Opfer. Man beschloss, nach der Wiedererrichtung der Bahnanlage eine Lokomotive mit Verbrennungsmotor einzusetzen. Am 4. August 1899 wurde die Bahn für den Betrieb abgenommen und damit die Inselbahn Juist zur ersten motorbetriebenen Inselbahn Deutschlands.
20./21. Jahrhundert
Im Jahre 1900 besuchten 4534 Gäste die Insel. Davon waren 3451 Kurgäste und 1083 Tagesgäste. Juist bewarb sich um Urlauber u.a. in Anzeigen als ,,Das judenfreie Nordseebad".
1902 konnte der Raddampfer „Juist“ in Dienst gestellt werden. Auf Anregung von Otto Leege wurde 1903 das Areal derGoldfischteichedurch denVerschönerungsverein Juistgeschaffen. Der Kommerzienrat Wilhelm Girardet aus Essen, der eine Villa an der Juister Strandpromenade besaß, spendete aus seinem Park eine Anzahl Goldfische und Goldorfen, die der Teichanlage ihren Namen gaben. Von 1925 bis 1935 entstand durch Leeges Initiative das Naturschutzgebiet an der Bill.
1925 gründete der Reformpädagoge Martin Luserke dieSchule am Meer, ein als Internat geführtes Gymnasium. Es zeichnete sich insbesondere durch das von ihm eingeführte Laienspiel aus, das heute fester Bestandteil vieler Schulangebote und der Lehrerfortbildung ist. Die Schule war vom Preußischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung sowie dem Berliner Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht für die deutschlandweite Ausbildung von Laienspielpädagogen vorgesehen. Als einzige deutsche Schule erhielt sie 1930/31 eine eigene Theaterhalle, seinerzeit größter Stahlbetonbau Ostfrieslands. 1934 wurde dieSchule am Meervor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Gleichschaltung geschlossen.
Die extremen Tieftemperaturen des Winters 1928/1929 schnitten zeitweise die Schiffsverbindungen zum Festland ab. Das Watt war so stark zugefroren, dass Fußmärsche und Autofahrten über das Eis versucht wurden. Die Insel wurde durch Abwürfe aus Flugzeugen versorgt. Bereits im strengen Winter 1916/1917 war Juist erstmals aus der Luft verpflegt worden, als der ZeppelinL 16im Februar 1917 am Kalfamer gelandet war.
In den Jahren 1928 bis 1932 erfolgte der Bau eines nördlichen Deichs vor der Hammerbucht, um die Zweiteilung der Insel endgültig zu beenden. Der südliche Bereich des Durchbruchs war bereits 1870 stark versandet und anschließend mit einem Damm gesichert worden. Im Norden durchbrach 1932 eine Sturmflut den neuen Deich und überflutete das dahinter tiefer liegende Gelände. Der Hammersee war entstanden. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich das Brackwasser zu einem Süßwassersee.
Von 1929 bis 1932 entstanden das Rathaus, das Postgebäude und der heutige Kurplatz. Ab 1932 wurde mit den Planungen zum Bau eines Flugplatzes am Kalfamer begonnen. 1934 konnte das Projekt mit der Einweihung abgeschlossen werden.
Während des Zweiten Weltkriegs kam der Kurbetrieb fast zum Erliegen. An verschiedenen Stellen der Insel entstanden Geschützstellungen, westlich des Loogdorfs wurde ein Mammut-Radarinstalliert. Bombenabwürfe alliierter Bomber richteten an einigen Häusern beträchtliche Schäden an. Nach Kriegsende wurde der Badebetrieb am 28. Mai 1946 wieder freigegeben. Am 15. September 1946 erfolgte die erste Gemeinderatswahl. Paul Braunsdorf wurde zum ersten Nachkriegsbürgermeister gewählt. Am 1. Dezember 1946 hatte Juist 1509 Einwohner. Davon waren 838 Einheimische, 81 Evakuierte und 590 Flüchtlinge.
Der Winter 1946/1947 brachte mit sechs bis acht Meter hohen Eisbarrieren den Verkehr zum Festland zum Erliegen. Am 17. März 1947 zerstörte ein Weststurm mit starker Eisbewegung die Juister Landungsbrücke sowie die gesamte Gleisanlage der Inselbahn. Erst am 21. Juli des gleichen Jahres war ein behelfsmäßiger Landungssteg fertiggestellt. Im Mai 1949 konnte dann das Provisorium durch eine neue Landungsbrücke ersetzt werden.
Die heutige sechste Inselkirche entstand 1964 als die aus dem 18. Jahrhundert stammende historische Kirche abgerissen wurde. Denkmalschutz spielte zu diesem Zeitpunkt (noch) keine Rolle. Fotos vom Abriss der einzigen, nicht durch das Meer zerstörten Juister Inselkirche werden im Inselmuseum im Loog ausgestellt. Die neue Kirche erhielt 1967 den Campanile, den die Juister „Rakete“ nennen. 1910 wurde die katholische Inselkirche errichtet.
1978 erfolgte der Neubau des Deiches zum südlichen Wattenmeer. Er verläuft vom Ostdorf bis zur Billstraße und hat eine Fußgängerpromenade.
Die steigenden Unterhaltungskosten für die Inselbahnstrecke veranlassten die Gemeinde 1980 zur Planung eines neuen ortsnahen Hafens mit einem zeitgemäßen Fähranleger sowie einem Hafenbetriebsgebäude. 1982 konnten die ersten Passagiere dort abgefertigt werden. Die Inselbahn stellte daraufhin am 10. März 1982 ihren Betrieb ein. 1988 wurde der Hafen um eine Hubbrücke ergänzt. 2001 erhielt das Hafenbetriebsgebäude einen Anbau mit einer überdachten Brückenverbindung zum Fähranleger. Im gleichen Jahr entstand an der Westseite des Hafens die neue Abfertigungshalle für den gesamten Güterverkehr der Insel.
Nach der deutschen Wiedervereinigung unterzeichneten Juist und Hiddensee am 20. November 1990 einen Inselpartnerschaftsvertrag. Juist unterstützte Hiddensee in den folgenden Jahren auf vielfältige Weise. So wurden Angestellte der Gemeinde Hiddensee in der Juister Gemeindeverwaltung geschult und durch die Jugendbildungsstätte Hilfe beim Ausbau des Inselmuseums auf Hiddensee sowie bei der Ausbildung von Jugendgruppenleitern geleistet. 1997 reisten 57 Hiddenseeer zur Partnerschaftswoche nach Juist.
1990 wurden am Flugplatz Planungen für eine neue Start- und Landebahn vorangetrieben. Die Einweihung der 700 Meter langen und 20 Meter breiten Start- und Landebahn erfolgte am 2. Mai 1991. Das Land Niedersachsen beteiligte sich mit einem Zuschuss von 1,2 Millionen DM.
Bereits in den 1990er Jahren entstanden durch Sturmfluten immer wieder schwere Schäden an den Billdünen im Westen der Insel zwischen Hammersee und dem Billriff. Dünenabbrüche auf breiter Front gefährdeten zunehmend die Inselsicherheit. Im November 2006 zog das Orkantief „Britta“ über die Insel hinweg, die Allerheiligenflut hinterließ dort erneut schwerste Dünenabbrüche. Anfang 2007 machte sich deshalb der Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags ein Bild von den Dünenschäden. Anschließend reiste Umweltminister Sander persönlich auf die Insel. In der Folge wurden die Billriffdünen in den nächsten zwei Jahren für 1,3 Millionen Euro verstärkt. Die Länge der Dünenverstärkung betrug rund einen Kilometer. Dabei wurden rund 200.000 m³ Sand neu aufgeschüttet und anschließend bepflanzt. Finanziert wurde das Vorhaben aus Mitteln des Landes Niedersachsen und der GemeinschaftsaufgabeBund-Länder zurVerbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.
Im Dezember 2013 richtete der Orkan Xaver erneut schwere Dünenschäden auf der Höhe des Hammersees an. Im September 2014 fand daher eine umfangreiche Dünenbaumaßnahme statt.
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Name
Der Name der Insel stammt vermutlich vom Wortgüst„karg, unfruchtbar“, was die Insel auch eine lange Zeit tatsächlich war. Für die Insel wird von der Tourismuswirtschaft und durch Urlauber häufig die UmschreibungLängsteoderSchönste Sandbank der Weltverwendet. Seit den 1990er Jahren wird die Insel von der Kurverwaltung mit dem ZusatzTöwerlandversehen, was sich etymologisch aus dem mittelniederländischen Worttöverherleiten lässt, das „Zauber“ bedeutet. Der NameTöwerlandwar bereits im 19. Jahrhundert gebräuchlich.